Hartnäckige kleine Schädlinge in der Diagnose: kein russisches Roulette
Wie kann die molekulare Biologie helfen um Viren und Bakterien zu erkennen?
Dieses Jahr tritt das Coronavirus als aggressiver Infektionskeim auf. Auch andere Viren wie das Norovius sind als bedrohliche Infektionskeime diagnostiziert. 70 Menschen wurden plötzlich mit Noroviren auf einem Schiff infiziert. Übelkeit und Erbrechen – schnell mußte eine Diagnose in diesem Fall geliefert werden um den Norovirus als Erreger zu bestimmen, die akuten Symptome zu bekämpften und die Menschen aus der Quarantäne zu befreien. Nicht nur Viren können Magen-Darmgrippe und Brechdurchfall verursachen, auch gefährliche Bakterien. Dazu gehört das besonders gefährliche enterohämorrhagische Escherichia coli Bakterium (EHEC).
Im Sommer 2011 zeigte sich, dass das EHEC-Bakterium verantwortlich ist für das hämolytisch-urämische Syndrom, kurz HUS genannt. Die über Lebensmittel übertragenen Bakterien und deren Toxine wirken schädigend auf Blutgefäße und Blutzellen und können sogar die Nierenfunktion zerstören. Jetzt zeigten Forscher von der Ohio Staat University in einer „Abwaschstudie“, daß Noroviren länger als andere krankmachende Viren und Bakterien auf Tellern und Geschirr haften bleiben. Besonders wichtig ist, hier eine schnelle und sensitive Nachweismethode zur Verfügung zu haben. Der Nachweis von solchen gefährlichen Viren und Bakterien in Nahrungsmittel oder in Stuhlproben von Menschen oder auch in anderen Probenmaterialien ist somit grundlegend und unabdingbar. Vor allem muss die Nachweisdiagnostik schnell durchgeführt werden, um die richtige Therapie zügig einzuleiten.
Die schnellste und effizienteste Methode, die heutzutage zum Nachweis von krankmachenden Erregern eingesetzt wird, ist die Real-Time PCR, auch als quantitative Echtzeit-PCR bezeichnet. Mit dieser Labormethode kann der Nachweis zwischen den nützlichen und harmlosen Viren, Bakterien, oder auch Pilzen, und den krankmachenden Keimen schnell erbracht werden. Mittels Real-Time PCR können Sie im Basiskurs Real-Time PCR bei Biobioseminars Detektiv-Arbeit leisten. Anhand von praktischen Übungen erlernen Sie die notwendigen Fachkenntnisse. Als Biologe/in, Analytiker/in oder Technologe/in können Sie Ihr Fachwissen in molekularen Analysetechniken erweitern. Mail to info@biobioseminars.com
Hartnäckige kleine Schädlinge in der Diagnose: kein russisches Roulette
Dass für den Mensch bestimmte Bakterien und Viren, die über Nahrungsmittel verbreitet werden, auch krankmachend und lebendbedrohlich sein können, hat sich in letzter Zeit häufig bestätigt.
Noroviren: Verursacher von lebendsbedrohlichen Infektionen
Ein paar Jahre her sind auf einem Hotelschiff Noroviren als gefährliche Bedrohung für die Gesundheit aufgetreten. 70 Menschen wurden plötzlich mit Noroviren auf einem Schiff infiziert. Übelkeit und Erbrechen – schnell mußte eine Diagnose in diesem Fall geliefert werden um den Erreger zu bestimmen, die akuten Symptome zu bekämpften und die Menschen aus der Quarantäne zu befreien (1;2). Das hier diagnostizierte Norovirus ist nicht nur als Kreuzfahrervirus bekannt; dieses Virus war 2012 auch verantwortlich für die bisher größte lebendsmittelbedingten Magen-Darm-Grippewellen an etlichen ostdeutschen Kindertagesstätten und Schulen. Insgesamt erkrankten 11.000 Kinder an Durchfall und Erbrechen. Die vermutliche Ursache dafür waren tiefgekühlte Erdbeeren, die über ein Catering-Unternehmen geliefert wurden (3).
Gefährliche Bakterien in Nahrungsmittel
Für ähnliche Symptome wie die starke Magen-Darmgrippe und Brechdurchfall sorgten nicht nur Viren, sondern auch gefährliche Bakterien wie das enterohämorrhagische Escherichia coli Bakterium (EHEC). Im Sommer 2011 zeigte sich, dass die EHEC-Bakterien verantwortlich sind für das haemolytische-uraemische Syndrom und die HUS-Epidemie oder auch EHEC-Epidemie genannt. Die über Lebensmittel übertragenen Bakterien und deren Toxine wirken schädigend auf Blutgefäße und Blutzellen und können sogar die Nierenfunktion zerstören (4).
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebenssicherheit (BVL) und das Robert Koch Institut (RKI) veröffentlichten im Juni 2011, dass vermutlich Sprossengemüse der Überträger der Bakterien seien. Aufgrund von verschiedenen Studien wurde die erste Warnung bezüglich Salat, Gurken und Tomaten aufgehoben. Später ergaben sich durch weitere Analysen, dass mit großer Wahrscheinlichkeit die ökologischen Bockshornkleesamen, die aus Ägypten nach Deutschland importiert wurden, dafür verantwortlich waren (5; 6; 7;8). Die Epidemie wurde Ende Juni 2011 vom Robert Koch-Institut für beendet erklärt. In Deutschland erkranken insgesamt 855 Menschen an HUS und 53 Menschen starben an der Infektion.
Gegen Diarrhöe verursachende Keime scheint kein Kraut gewachsen
Jetzt zeigten Forscher von der Ohio Staat University auch noch in einer „Abwaschstudie“, daß speziell die Noroviren hartnäckige Bengel sind (9). Noroviren bleiben länger als andere krankmachende Viren und Bakterien auf Tellern und Geschirr haften. Eine interessante Studie für die Nahrungsmittelindustrie und ein hilfreicher Anstoß für Verbesserungen von Hygienebedingungen. Die Virologen kontaminierten Frischkäse und fettreduzierte Milchprodukte mit drei Verursachern von Brechdurchfall. Die Produkte wurden mit den Noroviren, E. coli und Listerien inokuliert. Diese infizierten Produkte wurden an Geschirr, Gabeln aus Edelstahl und Keramiktellern und auch an Trinkgläsern angebracht.
Die Forscher verwendeten gewöhnliche Abwaschmethoden, die in Großküchen angewandt werden. Unterschiedlich starke desinfizierende Waschmittel wie Hypochlorid und quartäre Ammoniumverbindungen wurden dabei eingesetzt. Mit der Handwäsche und mit der Spülmaschine zeigten die Forscher in ihrer Studie, dass E. coli und Listerien vollkommen und sicher entfernt werden.
Jedoch zeigten die Forscher in ihrer Studie deutlich, dass mit allen eingesetzten Reinigungsmethoden, Noroviren hartnäckig haften bleiben. Mit den verwendeten Waschmethoden wurde die gewünschte vollkommene Entfernung aller Viruspartikel nicht erreicht (9).
Da bekannt ist, dass schon kleine Mengen von Viruspartikeln ausreichen, um den Menschen zu infizieren, ist daher über eine Verbesserung der Hygienebedingungen in Zukunft nachzudenken.
Den Nachweis von solchen gefährlichen Viren und Bakterien in Nahrungsmitteln oder in Stuhlproben von Menschen oder auch in anderen Probenmaterialien ist somit grundlegend und unabdingbar. Die Diagnostik muss auf jedenfalls schnell durchgeführt werden, um die richtige Therapie zügig einleiten zu können.
Harmlose und krankmachende Mikroorganismen
Bakterien und Viren sind überall; sie sind auf unserer Haut, in unserem Darm, im Boden und im Wasser zu finden. Vor allem im Darm sind sie unsere unverzichtbaren Helfer und notwendig um unsere Nahrungsprodukte zu zerkleinern. Es ist bekannt, dass Bakterien und sogar viele andere Organismen, wie Pilze, als wichtige Helfer im Boden tätig sind. Sie sorgen für die Umsetzung von Substraten, die dann wiederum weiter als Nahrungsprodukte für Pflanzen dienen.
Doch wie kann nun zwischen den oft so nützlichen und harmlosen Viren, Bakterien, oder auch Pilzen, und den krankmachenden Keimen so schnell unterschieden werden? Mit welchen Methoden und welchen Diagnostiken ist es möglich, den Unterschied zu sehen?
Viele der krankmachenden Bakterienstämme stammen von harmlosen Bakterien ab und haben neue pathogene Eigenschaften erlangt. Sie haben die Fähigkeit, ein besonderes Hüllprotein auszubilden oder besitzen die Eigenschaft zur Herstellung von gefährlichen Toxinen. So sind die EHEC Bakterien nahe Verwandte der harmlosen E. coli Bakterienstämme (10).
Modernste molekularen Methoden sehen den Unterschied- Nachweis von pathogenen Keimen
Die schnellste und effizienteste Methode, die heutzutage zum Nachweis von krankmachenden Erregern eingesetzt wird, ist die Real-Time (Echtzeit) PCR (11).
Die Technik basiert auf einer exponentiellen Vervielfältigung (Amplification) von Ziel-DNA mit Hilfe der thermostabilen Thermaus aquaticus (Taq)-Polymerase. Die DNA wird aus dem Probenmaterial isoliert. Wenn RNA-Viren, wiez.B. Noroviren im Probenmaterial aufgesucht werden müssen, dann wird die RNA durch eine enzymatische Vorbehandlung, eine sogenannte „Reverse Transkription“, in DNA Moleküle umgeschrieben.
Für die anschließende Real-Time PCR, wird bei der einfachsten Variante während der Amplifikation in die neusynthetisierten Doppelstang-DNA fluoreszierende Fabstoffmoleküle wie z. B. SYBR- Green in die DNA eingelagert (12). Durch den Einsatz dieser fluoreszierenden Moleküle kann die Amplifikationsreaktion in Echtzeit (Real- Time) mitverfolgt und quantifiziert werden. Aufgrund der exponentiellen Vermehrung der Ausgangs-DNA (Template) nimmt mit der ansteigenden Anzahl der PCR-Produkte auch die Menge an Fluoreszenzsignalen zu. So verhält sich das Fluoreszenzsignal proportional zur Amplifikationsmenge (13).
Ein Maß für die Quantität der vorliegenden DNA ist der sogenannte Ct-Wert der Real-Time PCR. Je niedriger der Ct-Wert liegt, desto mehr DNA liegt in der Probe vor.
Der Ct-Wert bezeichnet hierbei den PCR-Zyklus (Cycle = C), bei dem das Real-Time PCR-Signal einen festgelegten Schwellenwert („Threshold“=T) erstmals übertrifft und über die Hintergrund-Fluoreszenz ansteigt. Dies geschieht um so früher, je mehr DNA und somit Erreger im Probenmaterial vorhanden ist. In der Regel liegen die Ct Werte für eine positiven Nachweis zwischen 20 und 35.
Bei dieser PCR muß natürlich eine Spezifität der Reaktion gewährleistet sein, dass die DNA, die hier nachgewiesen und amplifiziert wird, spezifisch nur die DNA des Organismus aufdeckt. Für die PCR-Amplifikation müssen spezies-spezifische Primer, sogenannte Starterfragmente oder Oligonukleotide, verwendet werden, die die DNA des gesuchten Organismus detektieren. Nahe verwandte DNA-Sequenzen, sogenannte unspezifische Amplifikationen von DNA, dürfen nicht erfolgen. Das würde zu falsch positiven Ergebnissen führen. Diese diagnostische Spezifität, dass keine Signale vorkommen, wenn keine Infektion vorliegt, oder die Keime auf den Nahrungsmitteln nicht vorhanden sind, muss gewährleistet sein. Wichtig ist auch, daß die analytische Sensitivität gewährleistet ist. Hier ist es wichtig geringe Mengen an vorhandener DNA zu identifizieren. Die Sensitivität ist das Maß für die kleinste nachweisbare Konzentration des zu untersuchenden Organismus bzw. der Nachweis der geringen Menge an vorhandener DNA, die mit der Methode der Real-Time PCR mit Sicherheit nachgewiesen werden kann (14;15). Bei Einlagerung von Fluoreszenzfarbstoffen wie SYBR Green wird die Qualität des PCR-Produktes nach der PCR überprüft. Durch eine Schmelzkurvenanalyse, bei der die Temperatur kontinuierlich erhöht wird, wird die spezifische Schmelztemperatur Tm des PCR Produktes ermittelt (16). Die spezifische Temperatur, bei der Doppelstrangmoleküle in Einzelstrangmoleküle übergehen, ist für jedes PCR-Produkte spezifisch und hängt einerseits von der Zusammensetzung der Basenpaare ab und andererseits von der Länge des PCR-Produktes. Kleinere Nebenprodukte, die sich eventuell durch Primerdimere gebildet haben oder andere Nebenprodukte, die auch Fluoreszenzsignale eingelagert haben, zeigen einen niedrigeren Schmelzpunkt. Auf diesem Wege können Fraktionen von unspezifische Amplifikaten extrahiert werden. Die Höhe des Peaks in der Schmelzkurve gibt auch Auskunft über die Menge des gebildeten PCR-Fragments.
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Literaturangaben
(1) The EpochTimes (2012). Online as viewed on 09.12.2012. URL:
http://www.epochtimes.de/norovirus-auf-hotelschiff-passagiere-auf-dem-weg-nach-hause-1045259.html.
(2) Spiegel Online: Gesundheit (2012). Online as viewed on 08.12.2012. URL:
(3) Bundesinstitut für Risikobewertung (2012). Online as viewed on 06.10.2012. URL:
http://www.bfr.bund.de/cm/343/tenazitaet-widerstandsfaehigkeit-von-noroviren-in-erdbeerkompott.pdf.
(4) Kaplan, B.S, Meyers, K.E., Schulman, S.L. (1998). The pathogenesis and treatment of hemolytic uremic syndrome. Journal of the American Society of Nephrology; 9: 1126–1133.
(5)Bundesinstitut für Risikobewertung (2012). Online as viewed on 18.01.2013. URL:
http://www.bfr.bund.de/cm/350/ehec-outbreak-2011-investigation-of-the-outbreak-along-the-food-chain.pdf.
(6) Bundesinstitut für Risikobewertung (2012). Online as viewed on 18.01.2013. URL:
(7) King, L.A, Nogareda, F., Weill, F.X., Mariani-Kurkdjian, P., Loukiadis, E., Gault, G., Jourdan-DaSilva, N., Bingen, E., Macé, M., Thevenot, D., Ong, N., Castor, C., Noël, H., Van Cauteren, D., Charron, M., Vaillant, V., Aldabe, B., Goulet, V., Delmas, G., Couturier, E., Le Strat, Y., Combe, C., Delmas, Y., Terrier, F., Vendrely, B., Rolland, P., de Valk, H. (2011). Outbreak of Shiga toxin-producing Escherichia coli O104:H4 associated with organic fenugreek sprouts, France. Clinical Infectious Diseases; 54(11):1588–1594.
(8) Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) (2012). Online as viewed on 18.01.2013. URL: http://www.efsa.europa.eu/en/supporting/doc/176e.pdf
(9) Feliciano, L., Li, J., Lee, J., Pascall, M.A. (2012). Efficacies of Sodium Hypochlorite and Quaternary Ammonium Sanitizers for Reduction of Norovirus and Selected Bacteria During Ware-washing Operations. Plos One; 7(12):e50273.
(10) Weltgesundheitsorgansiation: Online as viewed on 18.01.2013. URL: http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs125/en/index.html.
(11) Overbergh, L., Giulietti, A., Valckx, D., and Mathieu, C. (2005). Real-time polymerase chain reaction. Pages 109-125 in: Molecular Diagnostics. G. P. Patrinos and W. Ansorge, eds. Elsevier, Amsterdam.
(12) Ramakers, C., Ruijter, J.M., Lekanne Deprez, R.H., Moorman, A.F.M. (2003): Assumption-free analysis of quantitative real-time polymerase chain reaction (PCR) data. Neuroscience Letters, 339:62-66.
(13) Higuchi, R., Fockler, C., Dollinger, G., and Watson, R. (1993). Kinetic PCR analysis: real-time monitoring of DNA amplification reactions. Biotechnology 11, 1026–1030.
(14) Heid, C.A., Stevens, J., Livak, K.J., and Williams, P.M. (1996). Real-Time Quantitative PCR. Genome Research 6, 986–994.
(15) Gibson, U.E.M., Heid, C.A., and Williams, P.M. (1996). A novel method for Real-Time Quantitative RT-PCR. Genome Research 6, 995–1001.
(16) Ririe, K.M., Rasmussen, R.P., and Wittwer, C.T. (1997). Product differentiation by analysis of DNA melting curves during the polymerase chain reaction. Analytical Biochemistry; 245, 154–160.
(17) Biobioseminars (2013). Source information: Online as viewed on 14.02.2013: URL: https://www.biobioseminars.com.